Kleingärten
Als Hauptgründe der Kleingartenbewegung wird die Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts gesehen. Große Firmen in Ballungszentren hatten einen enormen Bedarf an Arbeitern, was einen Zuzug aus ländlichen Regionen in die Städte auslöste. Hier lebten sie häufig in erbärmlichen Wohnverhältnissen und recht eng. Krankheiten waren die Folge. Dem sollte insbesondere bei Kindern und Jugendlichen durch die Bewegung an frischer Luft entgegengewirkt werden. Die Kommunen stellten Flächen hierzu zur Verfügung. Es dauerte nicht lange, bis am Rande solcher Spielplätze kleine Gärten zur Selbstverpflegung der häufig recht kinderreichen Familien mit Obst und Gemüse angelegt wurden. Weil die Kinder offenbar schon damals recht schnell die Lust daran verloren, übernahmen die Eltern deren Pflege. Die Spielflächen gingen zurück, die der Kleingärten wuchs.
Inzwischen sahen die politisch Verantwortlichen, wie segensreich diese Zusatzversorgung ist und unterstützten sie durch Bereitstellung weiterer Flächen. Vielleicht dachten sie auch daran, dass die Pflege der Gärten die Arbeiter an Demonstrationen – die seinerzeit recht häufig waren – abhielt. Insbesondere in den Kriegs- und Nachkriegszeiten half dieser Anbau bei Beseitigung oder Abmilderung mancher Versorgungsmängel. Außerdem waren viele Gartenlauben nach dem 2. Weltkrieg Not- und Behelfsquartier für viele Familien, die in ausgebombten Städten ihre Wohnungen verloren haben.
Natürlich ist es auch heute noch schön, das Wachsen von Obst und Gemüse hautnah zu erleben. Heute ist jedoch der Selbstversorgungsgedanke etwas in den Hintergrund getreten. Mindestens gleichberechtigt steht die Freizeit und Erholung mit der gesamten Familie. Damit dieses Hobby auch für Familien mit schmalem Geldbeutel nicht verschlossen, die politisch gewollte Sozialfunktion erhalten und die Ablösungssummen bei Übernahme einer solchen Parzelle in einem Kleingartenverein beherrschbar bleiben, gibt es im Bundeskleingartengesetz einschränkende Regeln hinsichtlich der Bauweise und Ausstattung von Parzellen. Kleingärten sollen keine Luxusgärten für Privilegierte sein. Sie sind heute Teil des öffentlichen Grüns, das den Kommunen Pflegekosten erspart und die einen wesentlichen Beitrag zur besseren Durchlüftung der Ballungszentren leisten. Weil sich die Kleingartenvereine selbst basisdemokratisch selbst verwalten, fallen zudem keine Betreuungs- und Verwaltungskosten an. Vielmehr nimmt der Grundstückseigentümer Pacht ein, die sich bis zur Höhe des Vierfachen der ortsüblichen Pacht für Flächen im Erwerbsanbau belaufen kann.
Die Wünsche nach einem Kleingarten sind seit Jahren insbesondere in Ballungszentren mit eingeschränktem Flächenangebot steigend. Wir plädieren deshalb dafür, hierfür weitere Flächen in fußläufig erreichbarer Entfernung auszuweisen. Stattdessen erleben wir allerdings, dass solche Flächen immer wieder von den Kommunalverantwortlichen als Vorratsgelände für Wohn- und Gewerbebebauung gesehen wird und das Angebot eher abnimmt.